Energie Gesellschaft

Milliardenschwere Entschädigungszahlungen an Kraftwerksbetreiber

Ein Beitrag von Willi Robertz
Siehe auch https://www.hambach-a4.de/22-januar-2020-milliardenschwere-entschaedigungszahlungen-an-kraftwerksbetreiber/

Der Kohleausstieg bringt den Kraftwerksbetreibern milliardenschwere Entschädigungszahlungen. Allein das Unternehmen RWE soll 2,6 Milliarden Euro erhalten. (Quelle)
Die Zahlung dieser Entschädigung beruht auf einer politischen Entscheidung und ist juristisch zweifelhaft.
Diese Entschädigung soll aus Steuermitteln finanziert werden. Sie wird somit von der Gesellschaft geschultert.
Dabei wird ignoriert oder übersehen, dass gerade die Braunkohleverstromung hohe gesellschaftlichen Umweltkosten erzeugt. Ferner wird sie mit öffentlichen Mitteln direkt oder indirekt subventioniert.

A. Umweltkosten

Die Stromerzeugung in Kohlekraftwerken ist nicht nur klimaschädlich, sondern belastet vor
allem die Umwelt auch erheblich durch die Freisetzung von Luftschadstoffen. Dies führt zu hohen gesellschaftlichen Umweltkosten, etwa durch Gesundheits- und Materialschäden.

Mit durchschnittlich 19,19 Euro-Cent/kWh verursacht die Stromerzeugung auf Braunkohlebasis die höchsten Umweltkosten.

Im Gegensatz dazu RWE verdient nach eigenen Angaben bei der Braunkohleverstromung drei Cent pro Kilowattstunde

Insgesamt beliefen sich die Umweltkosten der Kohleverstromung durch Treibhausgasemissionen und Luftschadstoffe für das Jahr 2016 auf ca. 46 Mrd. €.

Die oben genannten Umweltkosten berücksichtigen noch nicht die Umweltbelastungen durch Tagebaue, etwa durch die Verschmutzung von Gewässern, Aufwirbelung von Feinstaub und Flächeninanspruchnahme, die ebenfalls zu hohen gesellschaftlichen Kosten führen.

So hat der Braunkohlenabbau erhebliche direkte Auswirkungen auf den Zustand von Gewässern. Die Grundwassermenge wird durch Absenkungen negativ beeinflusst und die Grundwasserqualität insbesondere durch Einträge von Sulfat und Chlorid belastet. Zudem führen eisenhaltige Abwässer aus dem Braunkohlenabbau in Oberflächengewässern zu einer Verockerung mit erheblichen Auswirkungen auf die aquatischen Lebensgemeinschaften. (UBA 2017e) Beim Aufschluss oder Erweitern von Tagebauen werden Kulturgüter zerstört, die unwiederbringlich verloren sind. Dörfer werden umgesiedelt und wertvolle Ökosysteme werden zerstört. Das Bild von ganzen Landstrichen wird dauerhaft verändert.

Auch die Kosten von Gesundheitsschäden sind in den genannten Umweltkosten nur teilweise berücksichtigt. Kraftwerke setzen bei der Verbrennung von Kohle Schadstoffe frei, die neben der Luft auch Gewässer und Böden belasten. (UBA 2017e) Dabei entstehen toxische Stoffe, die in die Umwelt gelangen können, wie etwa Quecksilberemissionen. Diese Stoffe können über die Nahrung oder belastetes Trinkwasser aufgenommen werden und so ebenfalls zu schwerwiegenden Gesundheitsschäden füh-
ren.
Siehe Positionspapier des Umweltbundesamtes vom November 2017 (Punkt 12) (hier, hier und hier)

B. Subventionen bzw. Vergünstigungen

Wasserentnahmeentgelt
Bis 2011 war RWE vom Wasserentnahmeentgelt befreit, musste also – anders als alle anderen Gewässernutzer – für die gigantischen Sümpfungswassermengen zur Trockenegung der Tagebaue nichts bezahlen. Das waren immerhin bis zu 1,2 Milliarden Kubikmetern Grundwasser pro Jahr. Erst seit 2011 setzte das Land NRW Wasserentnahmeentgelte in Höhe von ca. 10 Mio. Euro fest. Die dagegen eingereichte Klage von RWE wurde u.a. mit dem Argument abgewiesen : „Die Klägerin könne auch nicht mit der Streichung der bisher bestehenden Privilegierung für Sümpfungswässer argumentieren, da dies eine Frage von wirtschaftlichen Subventionen sei“.

Förderabgabe gemäß §30 ff. BBergG

Der wertvolle Rohstoff Braunkohle ist Allgemeingut.
Es wäre daher die Erhebung einer an die Länder zu zahlenden Feldes- und Förderabgabe in Höhe von mindestens 10% des Wertes des geförderten Rohstoffs vorzunehmen.
Nach Berechnungen der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen könnte das Land NRW zwischen 100 und 600 Mio. Euro pro Jahr durch eine Förderabgabe auf Braunkohle einnehmen. RWE Power gewinnt die Braunkohle im Rheinischen Revier hingegen auf der Grundlage von Bergwerkseigentum, das vor Inkrafttreten des BBergG (1. Januar 1982) auf der Grundlage des Preußischen Allgemeinen Berggesetzes verliehen worden, nach damaliger Rechtslage aber nicht mit der Verpflichtung zur Entrichtung von Feldes- oder Förderabgaben verbunden war. Ungeachtet einer juristischen Beurteilung dieses Sachverhaltes, hat RWE Power Allgemeingut in Erträge für das Unternehmen umgewandelt. Bei der politischen Festlegung von Entschädigungszahlungen an RWE sollte dies mit einbezogen werden.

C. Beispiele für ungeklärte Umweltkosten

Deponien Kraftwerksreststoffe

Seit Inkrafttreten der Deponieverordnung vor einigen Jahren werden Aschen zusammen mit anderen Kraftwerksreststoffen in 4 Deponien ( in ehemaligen Tagebauen ) gelagert . Ursprünglich sollten die Deponien oberhalb des wieder ansteigenden Grundwasserspiegels liegen – davon ist heute nicht mehr die Rede. Die Deponien liegen in einem stark erdbebengefährdetem Gebiet . Es liegen keine Untersuchungen (siehe „Stresstest “ Atomanlage Jülich) vor, die Aufschluss über die Stabilität der Deponiekörper im Erdbebenfall geben könnten.

Bislang wurden von der zuständigen Behörde lediglich 50 Mio. Euro als Sicherheitsleistung erhoben ( gem. § 19 Deponieverordnung ).

Die Deponieverordnung schreibt weitere Sicherheitsleistungen für die Nachsorge vor. Diese sind dem jeweils zu erkennenden Gefahrenpotential durch das steigende Grundwasser ( auch Erdbebenrisiken ) und dem Verschleiß des Deponiekörpers anzugleichen ( wir reden hier über einen Zeitraum von 80 bis 100 Jahren ). Dies ist bislang nicht geschehen.

Altablagerungen in ausgekohlten Tagebauen

Laut Bezirksregierung Arnsberg wurden, vor Inkrafttreten entsprechender gesetzlicher Bestimmungen, Schadstoffe als Füllmaterial in die ausgekohlten Tagebaue verkippt. Das Ausmaß dieser Aktionen und die genauen Ablageorte sind nur unzureichend bekannt. Genaue historische Erkundungen fanden bislang nicht statt.

Beispielhaft sollen hier die Munitions- und Kampfstoffablagerungen in der Berrenrather Börde genannt werden. Altablagerungen sind auch in den Villeseen vorhanden.

Angesichts der diffusen Situation wurden bislang Haftungsfragen nicht behandelt. Sollte dieser Staus beibehalten werden ( was das Verhalten der verantwortlichen Akteure vermuten lässt ), wird letztendlich die Allgemeinheit eintreten müssen.

Zuvor würde allerdings § 4 des Bodenschutzgesetzes herangezogen werden. Danach haftet bei Übergang der Besitzverhältnisse der neue Besitzer ebenso wie der eigentliche Schadenverursacher. Im Klartext: Einige Flächen auf ehemaligen aufgefüllten Tagebauen wurden inzwischen bebaut oder landwirtschaftlich genutzt , aufgeforstete Gebiete gingen an das Land NRW. Falls RWE nicht mehr belangt werden kann ( in den nächsten 80 – 100 Jahren ), haften die neue Besitzer und nicht der Verursacher.

Versauerung des Grundwassers

Die tagebaubedingten Grundwasserabsenkungen betreffen eine Fläche von insgesamt 3000 Km2 (zum Vergleich : das Saarland hat 2500 km² ).

Beim Kohleabbau kommen Schwefel-und Eisenverbindungen mit Sauerstoff in Verbindung, die u.a. zu Sulfat oxidieren( Pyritoxidation) , das neben Eisen und anderen Schadstoffen in große Grundwasserflächen eindringt und diese für die Trinkwassergewinnung unbrauchbar machen.

Es werden zwar Versuche unternommen, mit Kalkzufuhr diesen Vorgang einzudämmen, dies hat allerdings nur mäßigen Erfolg.

Angesichts der Klimaveränderungen sind auch in unserer Region Trinkwasserproblem zu erwarten. Es ist zu klären, ob und wie der Schädigung von Trinkwasser durch den Braunkohletagebau entgegengewirkt werden kann. Dabei kann insbesondere der Tagebaubetreiber kostenmäßig nicht außen vor gelassen werden.

RWE ist übrigens mittlerweile einer der größten Akteure im Geschäft mit Trinkwasser: (Quelle)

Im Hintergrundpapier Braunkohle (hier, hier und hier) des Umweltministeriums NRW finden Sie auf den Seiten 29/30 bzw. 3.3.1.. das Zitat eines EuGH – Urteils bzw. die Anwendung des WRRL mit Blick auf das Verschlechterungsverbot . Zitat aus dem Urteil : „Das Verschlechterungsverbot ist nicht nur programmatischer Leitsatz………sondern auch bei der Beurteilung konkreter Vorhaben unmittelbar zu beachten; die Mitgliedsstaaten sind .. verpflichtet, die Genehmigung… zu versagen, wenn es eine Verschlechterung des Zustandes.. verursachen kann.“

Auch der Umweltrechtsexperte Prof. Ekardt kann sich ein Anwendung dieses Urteils auf Kohleverstromung vorstellen :

https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/eugh-urteil-c-461-13-wasserrahmenrichtlinie-verschlechterungsverbot-umweltschutz/

Wie zuvor dargestellt, bewirkt allein die Versauerung des Grundwassers dessen Verschlechterung ( hinzu kommen die Altablagerungen in den Tagebauen ). Die Fortführung des Kohleabbaus und somit eine weitere Grundwasserverschlechterung müssten demzufolge eingestellt werden. Dies sollte bei der Frage nach einer vorzeitigen Beendigung der Braunkohleverstromung bedacht werden.

Handlungsmöglichkeiten / -notwendigkeiten :

„Es bedarf einer unabhängigen, fachlich fundierten und transparenten Untersuchung der Folgen der Braunkohlegewinnung und sich daraus ergebender Handlungsnotwendigkeiten und Folgekosten“

Schlussbemerkung in einem Vortrag von Herrn Odenkirchen ( Umweltministerium NRW ) auf der RWE Fachtagung „Wasserwirtschaft im Rheinischen Braunkohlerevier vom 31.08.2015.

Eine Untersuchung dieser Qualität hat bisher noch nicht stattgefunden.

Das Unternehmen RWE hat bereits in der Vergangenheit in beispielloser Weise von der Allgemeinhalt profitiert. Damit konnte es seine Gewinne auf einem hohen Level halten.

Der Ausstieg aus der Braunkohleverstromung ( wann immer er kommen wird ) hinterlässt über die CO2-Problematik hinaus nachwirkende Schäden, die das Unternehmen RWE bislang nur zu einem Bruchteil wieder gut gemacht hat.

Wer in Kenntnis dieser Umstände dem Unternehmen RWE noch eine Belohnung aus dem Steuerertrag von über 2 Milliarden Euro verspricht, handelt dem Wohlergehen der Bevölkerung zuwider.

Jedes solide Unternehmen minimiert sein Risiko durch Weitsicht.

Die CO2 Wirkung auf das Erdklima ist seit Jahrzehnten bekannt. Das Unternehmen RWE hat dies offensichtlich ignoriert.

Nun ist es an der Zeit RWE zur Kasse zu bitten.

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