21. April 2024
Nach mündlicher Verhandlung hat der 11. Senat des Oberverwaltungsgerichts des Landes NRW dem Normenkontrollantrag des BUND für Umwelt und Naturschutz BUND-NRW in weiten Teilen stattgegeben. Eine Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen.
Zitat: Thomas Krämerkämper, stellvertretender BUND-Landesvorsitzender: „Das Urteil ist ein großer Erfolg für unseren Umweltverband. Damit ist klargestellt, dass keine Landesregierung unreflektierte politische Planungsziele ohne die Ermittlung der Umweltauswirkungen und ohne Beachtung der Beteiligungsrechte von Fachleuten und Betroffenen durchpeitschen kann.“ Zitat Ende
Das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen ist wohl noch schockiert darüber, dass ihre wohl politisch motivierten Ideologien jetzt auf Basis einer faktenbasierten und ausgleichenden Abwägung erfolgen müssen. Kleinlaut kann man folgendes lesen. „ … OVG-Urteil zum 1. Änderungsverfahren des Landesentwicklungsplans (LEP): Das Oberverwaltungsgericht Münster hat mit Urteil vom 21. März 2024 den überwiegenden Teil der Festlegungen des 1. Änderungsverfahrens zum Landesentwicklungsplan für unwirksam erklärt …“
Hier zum Hintergrund der Normenkontrollklage des BUND-NRW:
In der stattgegebenen Klageschrift gegen das Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung u. Energie Nordrhein-Westfalen (Abteilung VIII B: Landesplanungsbehörde) kann man folgende Themenblöcke herauslesen:
Verfahrensfehler, Verletzung der Beteiligungsanforderungen, Verletzung der Anforderungen an den Umweltbericht, keine ausreichende Begründung in den Raumordnungsplänen, Mängel des Abwägungsvorgangs, Mängel in der Abwägung einzelner Festlegungen, „Siedlungsraum und Freiraum“, „Siedlungsentwicklung von Ortsteilen im Freiraum“, … Standortanforderungen …
Zitat aus der BUND Klageschrift „ … Weder der „Abwägungssynopse“ noch an anderer Stelle der diesseits bekannten Unterlagen ist zu entnehmen, dass auch nur eine hinreichende Zurkenntnisnahme von, geschweige denn eine eingehende Beschäftigung mit vorgebrachten Einwänden erfolgt ist …“
… Gebiete für den Schutz der Natur …
Zitat aus der BUND Klageschrift „ … Politische Behauptungen, die keine sachlich prüf- und nachvollziehbare Grundlage haben, sind als Abwägungs- und Entscheidungsbasis ungeeignet; das gilt erst recht, wenn sie unzutreffend sind bzw. es objektive Studien gibt, die das Gegenteil zeigen …“
… Walderhaltung und Waldinanspruchnahme, Mindestabstandes von 1.500 Meter zu Wohnbebauung sowie Streichung der Zielsetzung zur regionalplanerischen Sicherung von Vorranggebieten für die Windenergie im bestimmte Flächenumfängen, politische Streichung der bisherigen Zielsetzungen, Kraft-Wärme-Kopplung usw.
In der 3647 Seiten umfassenden Synopse der Stellungnahmen der Beteiligten zur Änderung des Landesentwicklungsplans NRW findet man z.B. unter den „Beteiligten“ Windeck, Eitorf, Gräflich Nesselrodesche Verwaltung Eitorf, Ruppichteroth , Landschafts-Schutzverein Vorgebirge, Bornheim und dem Rhein-Sieg-Kreis folgende Stellungnahmen:
1. Stellungnahmen der Gemeinde Windeck = keine -;) (kein Kommentar)
2. Stellungnahmen der Gemeinde Eitorf = 6 Stellungnahmen
Z.B.: „… Abweichend von den Zielen 7.2-2 und 7.2-3 dürfen Vorranggebiete für die Windenergienutzung auch in Bereichen für den Schutz der Natur festgelegt werden, soweit es sich nicht um die o.g. Natura 2000 Gebiete, Naturschutzgebiete etc. handelt. Hier präferiert die Gemeinde Eitorf, dass grundsätzlich die Ausweisung von Windenergiebereichen außerhalb der BSN Vorrang eingeräumt werden sollte. Daher wäre es nach Auffassung der Gemeinde Eitorf sinnvoll, der Regionalplanung verbindlich vorzugeben, dass BSN Flächen erst dann als Vorranggebiete für Windenergienutzung in Betracht kommen, wenn die geforderten Beitragswerte anderweitig nicht erfüllt werden können …“
3. Gräflich Nesselrodesche Verwaltung Eitorf und Ruppichteroth = 3 Stellungnahmen
Z.B.: Seite 982 „ … Es lässt sich bereits jetzt sagen, dass die Potentialflächen insgesamt Platz für > 10 Windenergieanlagen bieten und damit die Anforderungen einer möglichst konzentrierten Planung von Windenergieanlagen erfüllen. Zur zeitlichen Perspektive: Seit Anfang 2023 wird eine umfassende Kartierung der Avifauna und Fledermäuse durchgeführt. Dabei werden die geltenden gesetzlichen Anforderungen (u.a. Bundesnaturschutzgesetz) und Empfehlungen (Leitfäden zur Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen vom MULNV & LANUV und Methodenhandbücher vom MULNV) berücksichtigt. Die Kartierungen werden gegen Ende des Jahres 2023 abgeschlossen. Auf Grundlage der Ergebnisse werden die artenschutzrechtlichen Gutachten sowie andere nach BImSChG relevanten Gutachten erstellt. Darauf folgt die Antragsstellung voraussichtlich im ersten Quartal 2024. Das Vorhaben wurde im Rahmen eines sogenannten „Scoping“-Termins bereits frühzeitig der zuständigen Genehmigungsbehörde des Rhein-Sieg-Kreises vorgestellt. Dabei wurden die Erwartungen und der Ablauf des Verfahrens, sowie die Methodik der artenschutzrechtlichen Kartierungen mit der zuständigen Naturschutzbehörde abgestimmt. Der BImSchG-Antrag wird also noch vor Aufstellung des Sachlichen Teilplans Erneuerbare Energien zum Regionalplan für den Regierungsbezirk Köln eingereicht. Es wäre u.a. deswegen aus unserer Sicht sinnvoll, die Flächen bereits jetzt in dem Plan zu berücksichtigen. Die betroffenen Gemeinden, Eitorf und Ruppichteroth, sind über das Projekt informiert und wir sind im Austausch mit den Gemeindeverwaltungen.
4. Landschafts-Schutzverein Vorgebirge (LSV) e.V. = 15 Stellungnahmen
Z.B.: Seite 1674 „ … Es muss verhindert werden, durch die Bereitstellung von Windenergiefläche durch Kommunen über das geforderte Maß hinaus (z.B. Bornheim 5,2 %) andere Kommunen, die über genug geeignete Flächen verfügen, dadurch zu belohnen, dass diesen Kommunen weniger Fläche abgefordert wird, als es einer „gerechten“ Verteilung entspräche …„
5. Stadt Bornheim = 1 Stellungnahme
Z.B.: Seite 2264 „ … Eine pauschale Ausgrenzung von Laub- und Laubmischwaldflächen aus arrondierten Windenergiegebieten allein aufgrund der sicherlich zutreffenden Einschätzung, dass Laub- und Laubmischwälder zumindest mit fortgeschrittenem Alter eine höhere ökologische Wertigkeit besitzen als Nadel- und Nadelmischwälder, wird für nicht zielführend erachtet und führt z.B. im Rhein-Sieg-Kreis zur ungleichen Verteilung der Potenzialflächen auf die linksrheinischen Kommunen …“
6. Rhein-Sieg-Kreis = 13 Stellungnahmen
Z.B.: Seite 2008 „ … Grundsätzlich sollte der Ausweisung von Windenergiebereichen außerhalb der BSN Vorrang eingeräumt werden. Insofern wäre es zielführend, der Regionalplanungsbehörde eine solche Priorisierung verbindlich vorzugeben und Inanspruchnahmen von BSN erst dann zu erwägen, wenn Beitragswerte nicht anderweitig erfüllt werden können. Zu den Tabubereichen sollten auch Naturwaldzellen und Wildnisgebiete zählen, soweit diese nicht ohnehin in NSG liegen …“
Z.B.: Seite 2010 „ … Die Obergrenze gilt für die Regionalplanungsbehörden und ihre Ausweisungen von Windenergiebereichen in den Regionalplänen. Die Kommunen können darüber hinaus weitere Flächen ausweisen …“
Fazit:
Es ist sehr gut, dass das Oberverwaltungsgericht wohl politischen Planungszielen ohne die Ermittlung der Umweltauswirkungen und ohne Beachtung der Beteiligungsrechte von Fachleuten und Betroffenen Einhalt gebietet.
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